Wo war denn sein Hut?
Er brauchte seinen Hut. Er brauchte ihn dringend. Es wäre fast selbstmörderisch keinen Hut mitzunehmen.
Auf der Ablage war er nicht, und auch in seinem Koffer war er nicht versteckt. Dabei hatte er ihn doch eben noch gesehen.
Das war alles deren Schuld. Was trieb die dazu, so früh anzurufen? Am liebsten würde er jetzt einfach nach oben gehen und ausschlafen.
Aber das konnte er nicht.
Denn wenn er ehrlich war, wusste er, dass er schon lange vor dem Anruf wach war. Er war nunmal ein Frühaufsteher, also schon längst ausgeschlafen. Außerdem musste er ja weg. Das war seine Aufgabe. Er sah nochmal hinter den Jacken in der Garderobe.
Nichts.
Kein Hut, kein garnichts. Nur Jacken über Jacken.
Er war eigentlich jemand, der immer das tat, was er für nötig hielt. Doch dieses Mal war das nicht der Fall. Er sah keinen Sinn darin. Er wusste nicht, warum er sich vor Jahren dafür entschieden hatte. Nun gut, er würde ziemlich anständig bezahlt werden, aber alles andere wäre ja auch hirnspinstig. Es war der gerechte Lohn.
Doch in diesem Moment war er sogar hutlos.
Er legte seinen Koffer auf den Küchentisch, öffnete ihn und schüttete ihn nochmal aus. Nachdem er alles wieder sorgfältig und gefaltet wieder eingepackt hatte, war er weiterhin ratlos.
Wo hat sie ihn nur versteckt? Immer räumt sie so auf, dass man im Nachhinein nichts mehr findet. Sie war ganz sicherlich nicht ganz so unschuldig. Er suchte in der Sockenschublade. Das würde zu seiner Frau passen. Ein Hut in der Sockenschublade. Aber da war er auch nicht.
Sollte er vielleicht ohne Hut gehen? Nein, das kam nicht infrage. Er war ein gemachter Mann und es ziemte sich nicht für ihn, sich ohne Hut blicken zu lassen. Außerdem war es frisch draußen und es sollte wohl noch windiger werden.
Er wollte sich am Hinterkopf kratzen, doch stattdessen berührte er den Kragen seines Hutes. Er musste ein wenig schmunzeln.
Er nahm den Hut ab und prüfte,ob sich darin seine zwei Notfallzigaretten befanden. Die sollte er noch brauchen.
Dann packte er seinen Koffer und sah sich nochmal im Spiegel an. Sein Hut saß gut und seine festen Stiefel hatte er auch an. Unter seinem dicken Mantel verbarg sich seine Pistole.
Er öffnete die Türe, ging einige Schritte hinaus und blickte auf sein Haus zurück. Er musste an seine Frau denken. Er ging nochmal rein und stellte den Koffer ab.
Er wollte nochmal seine Frau besuchen. Sie wusste nicht, dass er los musste. Er hatte Zeit. Und die nahm er sich auch. Er war ja nicht der einzige Reservist.
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